Jahrestagungen

Jahrestagung 2021 (Digital) in Berlin und Regensburg

Die Jahrestagung 2021 (Digital) in Berlin und Regensburg

Die Jahrestagung der Görres-Gesellschaft ist am Sonntag, dem 26. September 2021 zu Ende gegangen. Sie fand seit Freitag (24. September 2021) digital, mit zentralen Veranstaltungen in Berlin und zwei Sektionssitzungen in Regensburg statt und bot nahezu 90 wissenschaftliche Vorträge in 15 parallelen Sektionen, die sich dem Rahmenthema „Toleranz? Herausforderungen und Gefahren“ widmeten (Exposé hier). Mehr als 600 Personen hatten sich dazu angemeldet. Eine Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz lesen Sie hier. Domradio.de berichtete ebenfalls von der Veranstaltung (hier).

Die Videoaufnahmen der Veranstaltung finden Sie auf dem YouTube Kanal der Görres-Gesellschaft
Bilder von der Eröffnungsveranstaltung und dem zentralen Festakt in Berlin sowie Screenshots aus den Zoom-Konferenzen finden Sie in unserer Bilderstrecke (hier)

Beim Festakt in der Katholischen Akademie in Berlin warnte Bundespräsident a. D. Joachim Gauck vor einer Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. „Intoleranz gegenüber den Grundprinzipien unserer freiheitlichen Demokratie kann … nur mit Intoleranz begegnet werden. Wer nur Hass schürt und Straftaten begeht, muss konsequent durch die rechtsstaatlichen Institutionen zur Rechenschaft gezogen werden. Die rechtsstaatliche Toleranzgrenze ist klar definiert oder lässt sich zumindest in einem klar definierten, rechtsstaatlichen Verfahren klären“, so Joachim Gauck in der Festrede. Toleranz sei auch in einer Demokratie keineswegs selbstverständlich und es müsse ihr eine weit größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dabei sei Toleranz „immer mit einer kleineren oder größeren Selbstüberwindung verbunden. Sie ist eine zivilisatorische Leistung, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Toleranz fordert, die Andersartigkeit eines Anderen auszuhalten, obwohl mich seine Meinung, sein Verhalten, sein Lebensstil, unter Umständen ganz einfach seine Existenz irritieren, ärgern oder gar wütend machen – auf jeden Fall: stören. Toleranz ist insofern eine Zumutung. Sie ist – anders, als oft unterstellt – gerade nicht identisch mit Gleichgültigkeit, Desinteresse oder Laissez-faire.“ Den Redetext finden Sie hier

Bundespräsident a. D. Gauck betonte außerdem, dass Toleranz auch als Respekt und Anerkennung existiere: „Jeder und jede von Ihnen dürfte diese Form der Toleranz kennen: Als Respekt für eine andere Denk- und Lebensart, die in sich konsistent, authentisch und ehrlich ist – aber eben nicht die meine. Entweder bin ich unter anderen Umständen aufgewachsen, so dass mir der Lebensstil des Anderen fremd ist. Oder ich setze andere Prioritäten, habe einen anderen Glauben und gelange daher zu anderen Schlussfolgerungen. Dennoch können mir das Denken und die Haltung des Anderen Respekt und Achtung abnötigen, selbst wenn ich ihm nicht bis ins Detail folge. So funktioniert beispielsweise die christliche Ökumene.“ Joachim Gauck würdigte Toleranz als eine zivilisatorische Leistung, die Menschen wachsen lasse und ein friedliches Zusammenleben ermögliche. Toleranz sei zugleich ein Gebot der politischen Vernunft: „In einem von Toleranz geprägten weiten Debattenraum entwickeln sich Lösungen, die von Mehrheiten getragen werden und auch den Bedenken von Minderheiten und Skeptikern Rechnung tragen. In diesem Raum nähern sich Menschen Wahrheiten, die ihnen Zukunft eröffnen, lernen sie Kompromisse zu schließen – und sie lernen die Toleranz zu ergänzen durch entschlossene Intoleranz, immer dann, wenn Freiheit und Toleranz zerstört werden sollen. Tolerieren und Verteidigen gehören zusammen.“

Im Rahmen dieses Festakts wurde der Ehrenring der Görres-Gesellschaft an Prof. Dr. Heinrich Oberreuter verliehen. Die Laudatio hielt der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Staatsminister a. D. Prof. Dr. Hans Maier. Oberreuter gehöre zu den angesehensten Politik- und Kommunikationswissenschaftlern der Bundesrepublik, so Maier in seiner Laudatio. Den vollständigen Redetext finden Sie hier. Die Rede aus Anlass der Verleihung des Ehrenringes von Herrn Professor Dr. Oberreuter finden Sie hier. Die Rede zur Eröffnung des Festaktes von Görres-Präsident Professor Dr. Bernd Engler finden Sie hier

Der frühere Generalsekretär der Deutschen Bischofskonferenz und Ehrenringträger der Görres-Gesellschaft, Pater Dr. Hans Langendörfer, erklärte im Festgottesdienst, dass Toleranz stets "starke Positionen voraussetze". Ansonsten sei es eine "billige Toleranz". "Wenn ich selbst nicht entschieden bin und mich selbst nicht ernst nehme, wird mich auf Dauer niemand mehr ernstnehmen", so Langendörfer. Den Text der Predigt können Sie hier nachlesen. Im Rahmen des Gottesdienstes wurde der verstorbenen Mitglieder der Görres-Gesellschaft der letzten Jahre gedacht (Totenliste hier). 

Besonders beeindruckt zeigte sich der Präsident der Görres-Gesellschaft, Prof. Dr. Bernd Engler, über das Engagement des dynamisch wachsenden Jungen Forums, das sich in ganz besonderer Weise in die Diskussionen einbrachte. Das Junge Forum dokumentiere, dass die Görres-Gesellschaft den wissenschaftlichen Interessen der nächsten Generation einen weiten Raum gebe, so Prof. Engler. Ihm gehören mittlerweile rund 130 Personen an.

In den wissenschaftlichen Vorträgen der Sektionen wurde das Rahmenthema der Jahrestagung aus den verschiedensten Perspektiven interdisziplinär in den Blick genommen. Bei den Politikwissenschaften kam etwa Dr. Timo Güzelmansur, Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (CIBEDO), mit „Überlegungen zum Brückenbau zwischen Islam und Christentum“ zu Wort. In den Vorträgen aus der Sektion der Religionswissenschaften ging es um Möglichkeiten und Grenzen des interreligiösen bzw. interkonfessionellen Dialogs. Die Sektion für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften widmete sich den Fragen einer nachhaltigen Sozial- und Klimapolitik. Und die Rechts- und Staatswissenschaften loteten unter dem Titel „Polarisierung des Politischen“ die „Grenzen des Sagbaren“ aus, die Geschichtswissenschaften die „Grenzen der Toleranz“. Der Leiter des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft, P. Dr. Nikodemus Schnabel OSB, warf einen neuen Blick auf die Christen im Heiligen Land. In drei wissenschaftlichen Veranstaltungen arbeitete die Görres-Gesellschaft mit dem Cusanuswerk zusammen: Neben den Rechts- und Staatswissenschaften sowie den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ging es in der gemeinsamen Sitzung der Mediziner um das Thema „Der Arztberuf im Wandel?“

Präsident Prof. Engler betonte, dass die Vorträge die gesamte Palette der disziplinären Vielfalt der Görres-Gesellschaft abbildeten: „Das Thema ‚Toleranz? Herausforderungen und Gefahren‘ fordert eine Perspektivenvielfalt, wie sie gerade in unserer Sozietät selbstverständlich ist. Die Fragen, die mit dem Thema angesprochen werden, stellen sich nicht nur in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche oder in besonderen Konfliktkonstellationen. Sie entfalten ihre Brisanz nicht nur in unserer Gesellschaft, sondern in jeder Gesellschaft weltweit – wenngleich mit unterschiedlicher Virulenz und Sprengkraft.“

Am Samstag Abend wurde die Generalversammlung in Berlin auf dem Gelände des Tagungszentrums Aquino / Katholische Akademie u.a. mit einem Festvortrag der Regensburger Historikerin Prof. Dr. Harriet Rudolph eröffnet. Sie sprach zum Thema „Toleranzpraktiken in der frühen Neuzeit“ und schlug dabei den Bogen zu aktuellen Fragestellungen rund um das Thema Toleranz in unserer Gesellschaft und weltweit. Zuvor war die Preisträgerin des Essaywettbewerbs der Görres-Gesellschaft, Frau Tita Reinwald, live zugeschaltet und trug ihre Kurzgeschichte "Josh" vor. Begonnen hatte die Eröffnungsveranstaltung mit der Begrüßung und einem Vortrag von Görres-Präsident Professor Dr. Bernd Engler, der hervorhob, dass die Görres-Gesellschaft der Corona-Krise aktiv begegnet sei und unter anderem zahlreiche Webinare und digitale Tagungen durchgeführt habe - und dadurch einen breiteren Interessentenkreis mit ihren Angeboten erreichte. Die Rede Professor Englers finden Sie hier

Bereits am Freitag Abend fand um 17:30 Uhr ein virtuelles Treffen des Präsidiums mit Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern statt, in dessen Verlauf Görres-Präsident Professor Dr. Bernd Engler den Vertretern des Jungen Forums der Görres-Gesellschaft dafür dankte, dass sie sich engagiert in die wissenschaftlichen Diskussionen der Görres-Gesellschaft einbringen. Das Junge Forum dokumentiert, so Engler, dass die Görres-Gesellschaft den wissenschaftlichen Interessen der nächsten Generation einen weiten Raum gibt. Er lud die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler dazu ein, ihre wissenschaftlichen Interessen weiter prononciert zu artikulieren, beispielsweise in der Formulieriung von Rahmenthemen künftiger Generalversammlungen. 

Ab 19:30 Uhr trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmern in virtuellen Räumen beim Digitalevent "Gather Town". Besonders frequentiert waren dabei die Räume der beiden Görres-Auslandsinstitute im (virtuellen) Rom und Jerusalem. Die Institutsdirektoren, Professor Dr. Stefan Heid und Pater Dr. Nikodemus Schnabel, standen ebenso Rede und Antwort wie in der "President's Lounge" Görres-Präsident Professor Dr. Bernd Engler. Die Cusanerinnen und Cusaner steuerten ein digitales Spiel bei. 

Rahmenplan und Sektionsveranstaltungen: 

In der nebenstehenden Bildergalerie können Sie den Rahmenplan und die Übersicht über die Sektionsveranstaltungen sehen. Einzelheiten des Rahmenprogramms können Sie hier abrufen. Eine Programmübersicht über die Sektionen finden Sie hier. Mittels der darin geschalteten Hyperlinks gelangen Sie zum Ablauf der jeweiligen Sektionsveranstaltungen. Das Gesamtprogramm in der pdf-Version können Sie hier abrufen

Digitaler Büchertisch:

Der Verlag Duncker&Humblot, mit dem wir seit langer Zeit verbunden sind, hat eigens für unsere Tagung einen digitalen Büchertisch eingerichtet. Sie finden eine Auswahl interessanter Bücher unter diesem Link

 

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