Jahrestagungen

Die Jahrestagung 2025 in Mannheim

Das Thema „Kanon und Diskurs“ stand im Mittelpunkt der 127. Generalversammlung der Görres-Gesellschaft, die von Freitag, dem 26. September 2025 bis zum Sonntag, dem 28. September 2025 in Mannheim stattfand. Mehr als 300 Besucherinnen und Besucher nahmen an den rund 80 wissenschaftlichen Vorträgen und Rahmenveranstaltungen teil, die sich in der überwiegenden Mehrzahl der Sektionen mit dem Rahmenthema der diesjährigen Tagung „Kanon und Diskurs" befassten. Das Programm der Tagung können Sie hier abrufen. Die Abstracts der Vorträge, die bei der Tagung gehalten wurden, finden Sie hier. Eine Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz vom Sonntag, den 28. September 2025, finden Sie hier. Einen Beitrag in der Zeitung “Die Tagespost” können Sie hier abrufen.
Die Wochenzeitung des Erzbistums Freiburg “Konradsblatt” hat aus Anlass der Jahrestagung ein Feature über die Görres-Gesellschaft veröffentlicht, das Sie hier nachlesen können. 

Festakt am Sonntag – Soziologe Heinz Bude optimistisch für die Zukunft Europas
Einer der Höhepunkte der Tagung war der Festakt in der Aula der Universität Mannheim am Sonntag, dem 28. September 2025. Der Soziologe Prof. Dr. Heinz Bude sprach dabei zum Thema „Kanon und Diskurs in der multipolaren Welt“. Er warf die Frage auf, welche Rolle Europa angesichts des Hegemoniekonflikts zwischen den USA und China spielen könnte. Sein Fazit lautete: „Der europäische Kanon dreht sich um das Rätsel des Individuums, das in den Diskursen über die Liebe, den Wahnsinn, das Vergessen und das Gedächtnis einen Sinn erhält.“  

Zum Abschluss des Festaktes standen Ehrungen an. Zunächst nahm Görres-Generalsekretär Dr. Martin Barth, die Prämierung der beiden Erstplatzierten beim Essay- und Kreativwettbewerb, Herrn Lennart Luhmann (2. Platz) und Herrn Sebastian Heimann (1. Platz), vor (über den Preis, die Preisträger und ihre Arbeiten lesen Sie hier mehr). Zum Abschluss des Festaktes ehrte Görres-Präsident Prof. Dr. Bernd Engler Mitglieder für ihre langjährige Mitgliedschaft. 

Festmesse in der Mannheimer Jesuitenkirche
Dem Festakt vorausgegangen war ein Gottesdienst in der Mannheimer Jesuitenkirche, den Weihbischof DDr. Christian Würtz (Freiburg) feierte. Er betonte, dass das Thema der Görres-Jahrestagung auch die Theologie herausfordere: „Was gehört zum Kanon, was ist Maßstab, Richtschnur, unveränderliches Dogma? Wie gelingt es uns darüber innerhalb der Theologie zu einem fruchtbaren Dialog zu kommen? Und wie gelingt es uns, auch in die Gesellschaft, außerhalb des kirchlichen Binnenraums in einen Diskurs zu kommen über die Fragen der Religion und unseres Glaubens?“, so Weihbischof Würtz. Er fügte hinzu: „Weder der Diskurs noch der Kanon können den ganzen Raum der Wirklichkeit füllen. Es braucht beides, die Tiefe und die Weite, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten, um so zur Fülle, zur Gänze zu kommen.“ (zum Predigtext kommen Sie hier). 

Im wissenschaftlichen Fokus: „Kanon und Diskurs“
Den Auftakt der Tagung bildete am Freitag die Eröffnungsveranstaltung in der Aula der Universität, wo die Görres-Gesellschaft auf Einladung von Uni-Rektor Prof. Dr. Thomas Fetzer zum vierten Mal in ihrer Geschichte tagte. In seinen Grußworten hob Rektor Fetzer u.a. die Geschichte der Universität Mannheim und ihre Schwerpunkte u.a. in den Wirtschaftswissenschaften hervor. Görres-Präsident Prof. Dr. Bernd Engler dankte für die erneute Bereitschaft der Universität, die Görres-Gesellschaft zu beherbergen.
Sehr eindrucksvoll war das Grußwort des Mannheimer Oberbürgermeisters Christian Specht, der die Metropolregion Rhein-Neckar mit ihren Erfolgen und Herausforderungen darstellte und den Kontext zu Innovation und Wissenschaft, der die Mannheimer Universität auszeichnet, herausarbeitete.  
Für einen ersten wissenschaftlichen Höhepunkt sorgte Prof. Dr. Hiram Kümper von der Universität Mannheim mit seinem Vortrag „über das Mannheimer Schloss, der ebenso unterhaltsam wie humorvoll, zugleich aber auch wissenschaftlich anspruchsvoll war. Eine gelungene Ouvertüre für diese Jahrestagung! 
Die Görres-Gesellschaft setzte ihre Tagung am Samstag mit einem bewegenden morgendlichen Requiem für ihre verstorbenen Mitglieder in der Jesuitenkirche fort, ehe das wissenschaftliche Tagungsgeschehen wieder in den Fokus rückte. Dabei standen die wissenschaftlichen Vorträge im Vordergrund, viel Raum wurde jedoch auch für persönliche Begegnungen und Gespräche, Fachdiskussionen und Besuche der Buchstände der Verlagspartner der Görres-Gesellschaft gegeben. 
Der Präsident der Görres-Gesellschaft, Professor Dr. Bernd Engler, sagte zum Thema der Tagung im Vorfeld: „Mit dem Thema „Kanon und Diskurs“ adressiert die Görres-Gesellschaft ein Thema, das zunächst im binnenwissenschaftlichen Diskurs von großer Relevanz ist, letztlich aber wissenschaftsgeschichtlich eine bedeutende Rolle spielt, da Wissenschaft immer auch von der wechselnden Kanonisierung bestimmter Theorien und als jeweils gültiger „Standard“ definierter Werke oder Personen bestimmt ist. Gibt es aber angesichts einer zunehmenden Unübersichtlichkeit wissenschaftlicher Disziplinen überhaupt noch Standardwerke oder bedeutende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auf die sich die Disziplinen als maßgeblich für ihr Fach einigen können? Was bedeutet es für die Wissenschaft, wenn eine Kanonbildung ausbleibt oder unmöglich gemacht wird? Gefährdet dies nicht letztlich die Diskursfähigkeit von Wissenschaft, wenn sie ihre eigenen Grundlagen gar grundsätzlich in Frage stellt? Im Hinblick auf die gesellschaftliche Relevanz von Wissenschaft stellt sich damit aber auch eine viel weitergehende Frage: Was bedeutet es für gesellschaftliche Debatten, wenn Ihre Diskursräume immer weiter verengt werden? Geht damit nicht wissenschaftliche – und in Konsequenz gesellschaftliche – Orientierung verloren?“
Einige Beispiele aus dem Tagungsprogramm illustrieren dies: Die philosophische Sektion befasste sich mit der Frage, „wie die Philosophie exklusiv „europäisch“ wurde“. In der Pädagogik wurde unter dem Titel „Rauschen im Blätterwald?“ nach den Bildungskanon-Debatten in Geschichte und Gegenwart gefragt. Die Geschichtswissenschaften warfen einen kritischen Blick auf die Agenda der „kanonischen Themen des Postkolonialismus“. Spannend war die Sektionsveranstaltung der Altertumswissenschaften, wo z.B. über „Büchervernichtung, Kanon und Diskurs als spätantike Formen der Zensur“ diskutiert wurde, während die Neuphilologien ihre Sitzung unter das Thema „Kanon MACHT Diskurs“ stellen. Die Religionswissenschaften schließlich untersuchten u.a. „Kanonbildung“ in den Weltreligionen, und in der Kunstgeschichte wurde die Kanonisierung an Beispielen aus dem Mannheimer Schloss untersucht. 
Darüber hinaus beschäftigte sich die rechts- und staatswissenschaftliche Sektion mit der „Verfassungsordnung im Verteidigungsfall", die Politikwissenschaft zusammen mit den Wirtschaftswissenschaften mit den Herausforderungen für die Demokratie. 

An der Tagung in Mannheim nahmen eine Reihe prominenter Rednerinnen und Redner teil. Die Tübinger Theologin Prof. Dr. Johanna Rahner, sprach über die Kanonbildung anlässlich des Konzils von Nizäa, das vor 1.700 Jahren stattfand, der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Matthias Kopp, sprach über seine Dissertation unter dem Titel „Iraks christliches Erbe. Vom Überleben im Zweistromland“ und der Religionswissenschaftler Prof. Dr. Klaus von Stosch hielt einen Vortrag über „Kanonbildung“ im Dialog der Religionen“. 

Ganz besonderes Augenmerk galt den zahlreichen Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, die an der Tagung teilnahmen. Das eigens für diese Gruppe ins Leben gerufene „Junge Forum der Görres-Gesellschaft“ bot die Möglichkeit, sich zu vernetzen und eigene Akzente zu setzen.

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