Dem aktuellen Thema „Wissenschaftsfreiheit“ widmete sich am Wochenende vom 23. bis zum 25. Mai 2025 die dritte Tagung, die die Görres-Gesellschaft im Bildungszentrum Kloster Banz in Zusammenarbeit zwischen der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) durchführte. Bereits in den Vorjahren fanden solche Gemeinschaftstagung statt, 2024 zur „Sozialen Marktwirtschaft“ (Bericht hier), 2023 zum Thema „Kriegschaos und Friedensordnungen“ (Bericht hier), statt.
Als wissenschaftlichen Leiter konnten die Verantwortlichen den Historiker Prof. Dr. Peter Hoeres, Inhaber des Lehrstuhls für Neueste Geschichte an der Universität Würzburg, gewinnen. Hoeres ist Ko-Leiter der Sektion für Geschichtswissenschaften in der Görres-Gesellschaft. Daneben gewann Hoeres weitere Expertinnen und Experten, die über die Wissenschaftsfreiheit und ihre Bedrohung referierten und damit engagierte Diskussionen unter den mehr als 20 teilnehmerinne und Teilnehmern auslösten.
In einem ersten thematischen Block blickte Hoeres aus einer rechtlichen und historischen Perspektive auf die Wissenschaftsfreiheit, die er in erster Linie als eine Abwehr der Wissenschaft gegen staatliche Zugriffe schilderte sowie der Ermöglichung, dass Wissenschaft in die Öffentlichkeit und Gesellschaft ausstrahlen kann. Indes sei diese Wissenschaftsfreiheit seit den 2000er Jahren zunehmend bedroht, durch Angriffe aus der Gesellschaft, zum Beispiel gegen einzelne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, oder aus der Wissenschaft selbst. Als Schlagworte hierfür nannte Hoeres die Cancel Culture, BDS und Identitätspolitik.
Im zweiten Block zeigte die Frankfurter Ethnologin und Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Susanne Schröter anhand zahlreicher Beispiele, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Wissenschaftsfreiheit beschnitten werden, bis hin zu persönlichen und beruflichen Repressionen. Insbesondere hier zeigte sie sich enttäuscht von der mangelnden Solidarität durch Universitätsleitungen und Kolleginnen und Kollegen.
Die studentische Sicht auf die Gewährung oder Gefährdung von Wissenschaftsfreiheit stellten die Studenten Nico Göricke und Kaspar Vonnahme dar. Zwar sei die Rolle der Studierenden an Universitäten eine eher „untergeordnete“, aber sie seien in Hochschulgremien dennoch vertreten und könnten über Studierendenparlamente und den fzs (freier zusammenschluss von student*innenschaften) einen gewaltigen Einfluss auf die Prägung von Universitäten und deren Kultur ausüben. Indes bemängelten beide, dass die Beteiligung bei Wahlen zum Studierendenparlament (StuPa) mit rund 10 % außerordentlich gering sei, in den letzten Jahren sogar abnehme, und sich die Frage nach einer wirklichen Repräsentanz dieser Parlamente im Hinblick auf die Studierenden stelle.
Eine aktuelle Perspektive brachte der Würzburger Historiker Henning Saßenrath, Assistent am Lehrstuhl für Neueste Geschichte in Würzburg, in die Diskussion ein. Hoeres und seinem Mitarbeiter PD Dr. Dr. Benjamin Hasselhorn war zu Beginn des Jahres 2025 von Seiten des Würzburger Studierendenparlamentes vorgeworfen worden, es gebe „Strukturen der Neuen Rechten … am Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Universität Würzburg“, um auf Kosten dieses Lehrstuhls „Ressourcen und Lehrmittel zu diversifizieren und umzuwidmen“. Saßenrath stellte den Verlauf dieser Kampagne dar und hob hervor, dass die Angriffe letztlich vollumfänglich entkräftet wurden (siehe dazu die Presseerklärung des Bayerischen Wissenschaftsministeriums vom 8.4.2025).
Student Dennis Ossipov berichtete in der Abschlussdiskussion am Sonntag von seinen eigenen Erfahrungen als jüdischer Student an der TU München. Antisemitismus erführen Jüdinnen und Juden von mehreren Seiten, wobei der der islamistisch motivierte Antisemitismus stark zugenommen habe. Viele Mitglieder der jüdischen Gemeinden würden sich nicht mehr als Juden zu erkennen geben, etliche dächten über Auswanderung nach.
Anhand dieses Beispiels hoben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abschließend hervor, dass die Frage der Wissenschaftsfreiheit keine bloß akademische sei und lediglich Universitäten oder Forschungseinrichtungen betreffe, sondern dass sie weit in die Gesellschaft hinein ausstrahlt und letztlich eine Frage der Freiheit von Meinungsäußerungen und eine Frage der Freiheit unserer Gesellschaft insgesamt ist.
Die mehr als 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter zahlreiche Mitglieder des Jungen Forums der Görres-Gesellschaft, zeigten sich begeistert von der Tagung, den intensiven Gesprächen und Diskussionen sowie der Begegnung mit Peter Hoeres und Susanne Schröter. Großer Dank an beide, dass sie sich für diese Veranstaltung zur Verfügung gestellt haben.
Das detaillierte Programm der Tagung finden Sie hier.
Der Dank der Görres-Gesellschaft gilt der Hanns-Seidel-Stiftung, insbesondere Herrn Dr. Michael Hahn, für die Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Gerne greift die Görres-Gesellschaft den Gedanken auf, auch im kommenden Jahr wieder eine gemeinsame Tagung im Kloster Banz durchzuführen.