Unter der Überschrift "Vom Sein zum Werden" fand am Dienstag, dem 11. November 2025, ein Vortrags- und Diskussionsabend mit Professor Dr. Harald Lesch, Wissenschaftsjournalist und u.a. Professor für Astrophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München, sowie Prof. Dr. Wilhelm Vossenkuhl, emeritierter Philosophieprofessor an der LMU München, statt. Anlass des Abends war er 250. Geburtstag des Naturphilosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 - 1854), der als einer der „frühen ökologischen Denker“ gilt. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von der Görres-Gesellschaft und der Katholischen Akademie in Bayern in München durchgeführt. Rund 200 Zuhörerrinnen und Zuhörer im Saal und 70 Personen, die digital zugeschaltet waren, verfolgten den Vortrag Harald Leschs und die anschließende Diskussion.
Harald Lesch machte in seinem einführenden Vortrag deutlich, dass die Gedanken Schellings zu Anfang des 19. Jahrhunderts auf eine Wissenschaftswelt trafen, die sich in einem epochalen Umbruch befand. Schellings Kerngedanke war der des Wechselspiels zwischen dem “ganz Großen” und dem “ganz Kleinen”, die nicht unabhängig voneinander existieren, sondern sich gegenseitig beeinflussen. Ohne die Ideen Schellings sei das Konzept des natürlich in einem Selbstorganisationsprozess Gewordenen nicht vorstellbar. Schelling machte als einer der ersten Denker auf die Verletzlichkeit und den Zerfall der Natur aufmerksam. Unter den Hörern seiner Berliner Vorlesungen habe sich der Naturforscher Alexander von Humboldt befunden, der die Gedanken Schellings mit empirischen Befunden untermauert habe.
In der anschließenden Diskussion mit Wilhelm Vossenkuhl vertiefte Lesch diese Einsichten am Beispiel der aktuellen Bedrohungen durch Klimawandel und Biodiversitätsverlust. Er wies auf die vielfachen Verflechtungen der natürlichen Systeme hin - etwa der Wasserkreisläufe - wo sich wiederum der Gedanke Schellings zeige: der Fusion vieler Teile zu einem großen Ganzen. Zum Abschluss ihrer Diskussion betonten beide Diskutanten das Primat des Denkens vor der Konstruktion. Gerade angesichts der Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz und der Gefahren des “Planeten Internet” sei das selbständige Denken und Hinterfragen mehr denn je gefordert, was Harald Lesch in das Bonmot verpackte: “Denken ist wie Google, nur krasser.”
Die Görres-Gesellschaft dankt der Katholischen Akademie in Bayern sehr herzlich für die Zusammenarbeit und den wundervollen Akademieabend, den wir gerne in Zukunft fortsetzen!
Zum Hintergrund:
Das Subjektive in unserem Universum verlangt nach viel Vorarbeit. Ohne den Kosmos und seine Sterne keine chemischen Elemente. Ohne chemische Elemente kein Leben. Und ohne Leben keine Subjekte mit innerer Perspektive. Das alles ist im Begriff Selbstorganisation schon "eingepreist", es steckt schon viel Entstehung und Entwicklung in der Geschichte der Natur, bevor jemand danach fragen kann. Die Bedingung der Möglichkeit vom Menschsein ist das Natursein. Die Natur war vor dem Menschen da, sie hat ihn hervorgebracht. Wir sollten voller Respekt der Natur gegenüberstehen, vorsichtig, aufmerksam und pflichtbewusst den nächsten Generationen und unseren Mitgeschöpfen gegenüber.
Diese Haltung wird dem gerecht, was Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, der vor 250 Jahren geboren wurde, über die Natur als Subjekt dachte. Er war ein früher ökologischer Denker. Der Abend in der Katholischen Akademie war seinem Andenken gewidmet.
Den Flyer zum Abend können Sie hier abrufen.

