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02.12.21

7. Görres-Webinar zu Religionspolitik in China: "Katholische Kirche wird auch Repressalien überstehen!"

Ostkirche in Beijing. Foto: China-Zentrum e.V.

Betende Pilger am Wallfahrtsort in Sheshan in der Nähe von Shanghai, 2019. Foto: China-Zentrum e.V.

Messe in der Basilika von Sheshan bei Shanghai. Foto: China-Zentrum e.V.

In einem eindruckvollen Webinar berichteten am Donnerstag, dem 2. Dezember 2021, Frau PD Dr. Esther-Maria Guggenmos, Referatsleiterin Asien beim Katholischen Akademischen Ausländer-Dienst (KAAD) und Jan Kwee M.A. vom China-Zentrum e.V. in Sankt Augustin über die Religionspolitik in China und die Situation der Katholischen Kirche. Das Webinar stand unter dem Titel "Alles Seidenstrasse oder was? Religionspolitik im heutigen China". 

PD Dr. Guggenmos zeigte zunächst die historische Dimension von Religion in China auf. Sie hob u.a. hervor, dass der Religionsbegriff und die Unterscheidung religiös-säkular ein Neologismus im ausgehenden 19. Jahrhundert war. Der Staat legitimierte sich über Jahrhunderte über religiöse Deutungsmuster und daher etablierten jenseits davon religiöse Traditionen keinesfalls Konkurrenzsysteme zum Staat. Unterschiedliche religiöse Spezialisten waren im kaiserzeitlichen China am Hofe in beratender Funktion bei höfischen Entscheidungen präsent. Nach einer Phase der Öffnung ist in den letzten Jahren die chinesische Religionspolitik erheblich restriktiver geworden. In diesem Zuge analysierte Guggenmos die jüngste politische Instrumentalisierung zumeist positiv konnotierter und kulturell etablierter Forschungsfelder in der europäischen Beschäftigung mit dem chinesischen Kulturraum. Dabei ging sie insbesondere auf den Begriff der „Sinisierung“ ein, mit welchem sich in den letzten Jahren weniger kulturgeschichtliche Transformationsprozesse als die umfassende Ausrichtung aller anerkannten Religionen auf den Staat verbindet.

Im Anschluss zeigte Jan Kwee vom China-Zentrum e.V. in Sankt Augustin auf, welche Konsequenzen diese Politik für die Katholische Kirche und die Christen in China hat. Zwar gewährt Artikel 36 der chinesischen Verfassung von 1982 Religionsfreiheit, doch bereits dort ist festgeschrieben, dass Religion die öffentliche Ordnung nicht gefährden und auch von keiner ausländischen Macht abhängig sein dürfe. Kwee schilderte das Auf und Ab der vatikanisch-chinesischen Beziehungen seit den 1950er Jahren. Besondere Beachtung schenkte er dem Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China aus dem Jahr 2018. Der genaue Wortlaut des Vertrags ist geheim, es geht aber in erster Linie um die Ernennung von Bischöfen. Der Referent schilderte die wachsenden Spannungen zwischen der staatlich anerkannten Kirche und der Untergrundkirche. Aber auch insgesamt haben die Gläubigen unter zunehmenden Repressalien zu leiden, so dürften etwa Minderjährige weder in der christlichen Sonntagsschule unterrichtet werden noch am Gottesdienst teilnehmen. Auch die internationale kirchliche Solidarität in sozialkaritativen Projekten ist in den letzten Jahren stark behindert. Trotz allem plädierte Kwee für einen positiven Blick in die Zukunft: "Die Katholische Kirche in China hat schon so viel erlebt, sie hat die Kulturrevolution überstanden. Sie wird auch diese Anfechtungen überstehen!" 

Das Webinar war eine Gemeinschaftsveranstaltung von Görres-Gesellschaft und KAAD. Weiterer Partner dieser Veranstaltung war das China-Zentrum e.V.  

 

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